Montag, 13.07.2020

„Wir müssen auch kämpferisch dagegenhalten“

Andreas Backmann im Interview mit dem VfR- Öffentlichkeitsteam

(mk) So langsam, aber sicher ist der Amateurfußball im badischen Raum wieder aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Trainingseinheiten mit Körperkontakt sind möglich, Testspiele können durchgeführt werden und der Start in die Verbandsligasaison 2020/2021 nimmt Konturen an. Dementsprechend kreisen auch die Gedanken wieder zunehmend um sportliche Fragen. Wir trafen uns hierfür mit Andreas Backmann, dem neuen Coach der ersten Mannschaft, und unterhielten uns über seine interessante Spielerlaufbahn als auch über die nun anstehenden Aufgaben und Herausforderungen bei den Rasenspielern.

Hallo Andreas, bevor wir den Fokus auf die aktuelle Situation legen, nochmal einen kurzen Rückblick auf Deine Spielerkarriere. Du hast ja so einiges erlebt und auch höherklassig gespielt. Was sind Deine schönsten Erinnerungen?

Backmann: Da kann man kein Ereignis herauspicken. Sicherlich waren alle Aufstiege schön gewesen. Die Zeit beim FK Pirmasens war beispielsweise spitze. 2000 stiegen wir in die damals drittklassige Regionalliga auf und spielten im DFB-Pokal gegen 1860 München. Mein damaliger Gegenspieler war übrigens Thomas Häßler (101 Länderspiele Anm. d. Red).

Deine Spielerkarriere hing aufgrund einer schweren Verletzung auch mal am seidenen Faden…

Backmann: Das war in Oggersheim. Wir sind in die Regionalliga aufgestiegen und bestritten unsere erste Partie in Sandhausen. Ich habe mir einen offenen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen, musste insgesamt sechs Mal operiert werden und konnte eineinhalb Jahre nicht spielen. Ich ging dann nach Elversberg und sollte ursprünglich für die zweite Mannschaft spielen, wurde aber ziemlich rasch in die erste hochgezogen. So konnten noch etliche tolle Jahre verbracht werden: Mit Elversberg besiegten wir im DFB-Pokal Hannover, in Zweibrücken erreichten wir als Abstiegskandidat Nummer eins einen sensationellen siebten Platz in der Regionalliga und auch in Speyer hat es mir als damals 40- jähriger sehr viel Freude bereitet, mit jungen Kickern zusammenzuspielen und in die Verbandsliga aufzusteigen.

Ist es für einen Trainer von Vorteil, eine lange aktive Spielerlaufbahn aufzuweisen?

Backmann: Das sehe ich nicht so. Es kann schon sein, dass meine spielerische Erfahrung als Innenverteidiger diesbezüglich hilfreich sein kann, aber eine Konnex zwischen einer langjährigen aktiven Spielerlaufbahn und einem erfolgreichen Traineramt würde ich nicht herstellen. Die Beispiele Nagelsmann und Klopp widerlegen diese Theorie doch.

Was reizt Dich am VfR Mannheim?

Backmann: Mit dem VfR Mannheim verbinden wir doch alle höherklassigen Fußball. Allein schon das imposante Stadion und das gesamte Umfeld sorgen für einen speziellen Flair. Für uns in Kirrlach war das Auswärtsspiel in Mannheim immer jenes, dem wir am stärksten entgegenfieberten. Bis dato kickten wir eher auf schmucklosen Sportplätzen, da war das Rhein-Neckar-Stadion schon eine andere Hausnummer. Darüber hinaus bin ich vom Konzept hier überzeugt.

Nun muss der VfR in der Saison einen erneuten Umbruch mit ca. einem Dutzend an neuen Spielern bewältigen. Wieso diese abermalige hohe Spielerfluktuation?

Backmann: Eigentlich wollten wir im Verein noch die Rückrunde ein wenig abwarten und jene Akteure stärker ins Visier nehmen, bei denen wir nicht ganz sicher waren, ob sie bleiben oder gehen sollen. Dann kam aber Corona und der Plan ging zunichte. Schlussendlich entschieden wir uns dafür, nochmals einen größeren Umbruch zu tätigen. Aber natürlich soll eine zweistellige Anzahl an Neuzugängen kein Dauerzustand werden.

Apropos Corona. Die Pandemie beschert dem VfR eine deutlich längere Vorbereitungszeit auf die Verbandsligasaison. Ein Vorteil bei den vielen Neuzugängen?

Backmann: In einigen Punkten trifft dies sicherlich zu. Dem Einstudieren gewisser Abläufe, gerade im Arbeiten gegen den Ball, tut eine längere Vorbereitungszeit bestimmt gut. Bei solch einer ca. zweimonatigen Vorbereitung muss vor allem auch auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Belastung und Ruhephasen wertgelegt werden. Der aktuelle Plan ist ziemlich eng getaktet, da wird es vielleicht noch den einen oder anderen freien Tag geben, gerade in Anbetracht der Tatsache, dass ab 01. August der BFV-Pokal starten wird.

Hast Du nach gerade mal ein paar Tagen im Amt schon so etwas wie eine Spielidee entwickelt?

Backmann: Wichtig ist, dass wir nicht leicht auszurechnen sind. Offensiv müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir im letzten Drittel mehr Gefahr kreieren. Aber in diesem Bereich ist vor allem die individuelle Klasse entscheidend; da können wir also etwas flexibler agieren. Defensiv ist hingegen von Anfang an ein klarer Plan notwendig. Um eine erfolgreiche Runde zu absolvieren, reicht aber eine hohe spielerische Klasse nicht aus. Die mentale Stärke einer Mannschaft darf keinesfalls unterschätzt werden. Es wird dreckige Spiele bei unangenehmem Wetter auf weniger komfortablen Plätzen geben. Hinzu kommt, dass viele Gegner beim Kräftemessen mit dem VfR Mannheim nochmals besonders motiviert sind. Folgerichtig müssen wir auch kämpferisch dagegenhalten, wenn drei Punkte eingefahren werden sollen. Ich will, dass die Jungs bereits im Trainingsspiel den unbedingten Willen entwickeln, die Begegnung für sich zu entscheiden. Die Zuschauer müssen von der ersten Minute an merken, dass die Spieler auf dem Platz alles raushauen.

Wie schätzt Du die Verbandsliga in der kommenden Saison ein?

Backmann: Die Verbandsligasaison wird schwer werden, da in dieser Spielklasse viele sehr gute Mannschaften auflaufen. Mutschelbach, Heddesheim, Spielberg aber auch Mühlhausen verfügen beispielsweise über enorme Qualität. Gleichzeitig macht die Schwere dieser Aufgabe auch den Reiz aus. Wir gehen diese mit viel Selbstvertrauen aber auch der notwendigen Demut an.

Gibt es schon so etwas wie ein Saisonziel?

Backmann: Tja, ab wann kann von einer erfolgreichen Saison gesprochen werden? Am Ende der Runde können wir eventuell einen Punkteschnitt von weit mehr als zwei Zählern pro Partie aufweisen und trotzdem auf dem dritten Platz landen. Ist es dann eine geglückte Spielzeit, da wir uns im Vergleich zur Vorsaison deutlich gesteigert haben oder eine enttäuschende, weil es nicht für die Qualifikation zu den Aufstiegsspielen genügte? Aber natürlich wäre es optimal, wenn am Ende der Saison der VfR Mannheim zu den Top-Zwei der Liga zählt. Mir persönlich ist es auch sehr wichtig, eine gute Heimbilanz aufzuweisen. Die Zuschauer sollen nach jedem Spiel sagen können, dass eine Mannschaft auflief, die 90 Minuten alles gab.

Vielen Dank für das Gespräch!



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